Die Stimmung ist gespalten in der Moschee in Halle. In dieser mittelgroßen
deutschen Stadt besuchen jeden Tag 150 bis 200 Menschen die Moschee, um mit
Freunden und Bekannten zusammen das Fastenbrechen zu genießen. Gegen Ende des
Ramadans scheint aber eher eine Müdigkeit eingetroffen zu sein.
„Ich bin traurig, dass es zu Ende geht. Ich kann natürlich nach dem Ramadan
weiter fasten, allerdings kann ich diese Atmosphäre, die im Ramadan herrscht,
nicht nachholen“ sagt ein Student, der regelmäßig in dieser Moschee isst
und betet.
Enthaltsamkeit
In der Tat ist das Fasten im Ramadan nicht nur Nicht-Essen und Nicht-Trinken.
Fasten, das bedeutet Enthaltsamkeit. Der Verzicht auf Essen ist nicht das
Ziel, sondern das Mittel zum Zweck, sich selbst kennen zu lernen und Mitgefühl
für andere Menschen zu erwecken.
Erst dieses Gefühl macht deutlich, was Hunger und Durst für all jene
bedeutet, die tagtäglich kaum etwas zu essen haben. Es hat also einen
sozialen Aspekt.
Die Menschen sollen miteinander ein friedliches, hilfsbereites und tolerantes
Leben führen. Somit dient das Fasten im Ramadan auch zur Stärkung des
sozialen Empfindens.
Gespaltene Stimmung
Hier in Halle freuen sich die Menschen auf das Fest am Ende des Ramadans. Doch
gleichzeitig sind sie eher betrübt, dass die brüderliche, ja barmherzige
Atmosphäre des Ramadans eigentlich mit dem Fest zu Ende geht.
Ein deutscher Muslim, der dieses Jahr zum ersten Mal gefastet hat, sagt:
„Ich habe leider nicht viel mitbekommen dieses Jahr. War mein erstes Fasten.
Das ging alles so schnell. Freue mich aber schon auf das nächste Ramadan.“
Der fußballbegeisterte Emre, der gerade einmal 8 Jahre ist, sieht das
genauso: „Ich habe den ganzen Ramadan lang gefastet. Letztes Jahr habe ich
das nicht geschafft.
Aber dieses Jahr habe ich durchgehalten, obwohl ich viele Fußballspiele
hatte. Aber ich freue mich riesig auf das ´Zuckerfest´.“ Sicherlich muss
der 8-Jährige nach dem islamischen Gesetz nicht fasten, aber es ist die
Atmosphäre, die gute Stimmung und sicherlich auch das Nachahmen der Eltern
und der älteren Geschwister, die die Kleinen zum Fasten verleitet.
Cemil Sahinöz
Kismet, 19.10.2006