In
diesem Kapitel werden wir versuchen, die Gründe für die Erschaffung der Erde
zu durchleuchten. Es geht hier also nicht um physikalische Gesetze, die
stattfanden, damit die Erde entstand, sondern warum der Schöpfer die Erde
erschuf.
Zunächst
sagt uns der Koran, dass der Schöpfer das Universum in sechs Tagen erschaffen
hat. Doch der hier erwähnte Begriff für Tag ist nicht mit dem uns bekannten
Begriff für "Tag" zu vergleichen. Um den Wörtern und Begriffen im
Koran eine Bedeutung zu geben, müssen wir diese Begriffe mit ihrem Kontext in
Verbindung bringen. Natürlich kann man ohne den Kontext eines Wortes oder eines
Verses zu kennen, keinen Zusammenhang zur Thematik herstellen. Der Koran ist ein
Werk, dass eine bestimmte Systematik und eine tiefsinnige Bedeutung beinhaltet.
Die
Erschaffung wird im folgenden Vers beschrieben: "Euer Herr ist Gott, der
die Himmel und die Erde in sechs Tagen erschuf." (Der
Koran, 10:3) Hier wird im Koran das Wort "Yewm" benutzt.
Allerdings bedeutet dieses Wort im arabischen sowohl "Tag", als auch
"Zeit" oder "Zeitabschnitt". Wenn man dies nur als
"Tag" interpretieren würde, müsste man sich fragen, welche
"Tage" gemeint sind! Die Tage der Erde? Des Jupiters? Wir wissen doch,
dass sich die "Tage" nach der Sonne richten und somit von Planet zu
Planet unterschiedlich sind. Könnte man dann behaupten, das Gott an unsere
weltliche Zeit gebunden ist? Gott ist unabhängig von Zeit. Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft sind für den Schöpfer der Zeit eins. Die Zeit existiert
nur für uns.
Beispiel:
"Die Engel und der Geist steigen zu Ihm empor an einem Tag, dessen Ausmaß
fünfzigtausend Jahre sind." (Der Koran, 70:4) Der Begriff "fünfzigtausend
Jahre" ist nur ein Hilfsmittel, um zu verstehen, was Gott meint und zum
Ausdruck bringen möchte. Gleichzeitig wird hier deutlich, dass es für Gott
keine Zeitabhängigkeit herrscht, da er hier einen Tag mit fünfzigtausend
Jahren gleichsetzt. Hieraus kann man schlussfolgern, dass Gott Raum- und
Zeitungebunden ist.
Daraus
können wir ableiten, dass die „sechs Tage“ sechs Abschnitte sind. Der Schöpfer
hätte auch alles von Anfang an ohne Abschnitte erschaffen können. Doch diese
Abschnitte birgen Weisheiten in sich. Vergleichbar mit Tagesabschnitten. Auf den
Morgen folgt der Mittag, darauf der Nachmittag usw. Es gibt also verschiedene
Abschnitte zwischen Tag und Nacht. Würden sie direkt aufeinander folgen, ohne
Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, würde dies viele Schwierigkeiten mit sich
bringen.
Die
gleiche Weisheit entdecken wir auch in der Pflanzenwelt. Ein kleiner Samen birgt
den Code eines riesigen Baumes in sich. Es entfaltet sich Schritt für Schritt
in ein Wunder namens „Baum“. Aus diesem Baum kommen Tausende von Körnern,
die wiederum zu weiteren Bäumen werden.
Auch
auf den Menschen trifft dieses Schauspiel zu. Aus einem einzigen „Tropfen“
entsteht ein Meisterwerk, dessen Rätsel wir immer noch zu entschlüsseln
versuchen.
Mit
diesen Abschnitten in der ganzen Schöpfung zeigt uns der Allweise Schöpfer
seine ganze Kunst. Sonst würde es auf Anhieb Bäume und Erwachsene Menschen
geben und die Kunst des Samens und der Babys würde für immer im Verborgenen
bleiben. So dürfte es auch keine Zeit mehr geben. Ein Warten wäre nicht mehr
vorhanden. Wir sehen aber, dass all dies herrscht und das der Künstler seine
Kunst in voller Pracht vorstellt.
So
ist das ganze Universum wie eine Leinwand auf der ein wundervoller Film gezeigt
wird. Jedes Geschöpf ist in diese Vorstellung eingeladen, doch nur der Mensch
hat die Fähigkeiten diesen Film vollständig zu verstehen und zu genießen. Er
kann die beste Rezension für dieses Schauspiel abgeben. Er hat den Ehrenplatz
in dieser Vorstellung. Er ist der, der in der ersten Reihe sitzt. Er bekommt die
beste Bewirtung. Hunderttausende verschiedene Speisen werden in dieser nur
einmal ausgestrahlten Vorstellung zur Verfügung gestellt. Wäre es intelligent,
diesen Film zu verpassen? Dieses Schauspiel zu ignorieren? Diese Ausstellung
nicht zu besuchen? Wäre es nicht eine Verschwendung, die ganze Zeit nur auf das
leibliche Wohl zu denken? Wäre es keine Respektlosigkeit durch Rumgebrülle die
anderen Zuschauer zu stören?
Dementsprechend
wurde die Erde für den Menschen vorbeireitet. Unsere heutige Wissenschaft bestätigt
uns, dass die Erde alle Elemente beinhaltet, die zum Leben notwendig sind und
das die Elemente in der Erde im Menschen vorhanden sind. Die Erde ist so geschaffen,
dass das Leben darauf möglich ist (In Kapitel 2.1 haben wir hinreichend Angaben
dazu gemacht). Im
Koran wird die Erde als erste erschaffene Materie beschrieben.
Nun
kommen wir zu der Eingangs gestellten Frage, warum der Schöpfer es für Nötig
sieht, eine Erde, ein Universum, ein Platz für die Menschen zu erschaffen. Um
die Antwort leichter zu verstehen, brauchen wir folgenden Analogie:
Stellen
wir uns vor, die ganze Erde wäre voller Spiegel. Dann würde die Sonne diesen
Spiegeln Licht und Wärme spenden. Man könnte nicht behaupten, dass die Sonne
es nötig hätte, diese Spiegel mit Licht und Wärme zu versorgen. Die
Spiegelung der Sonne hat nicht mit Nötigkeit zu tun. Auch wenn diese Spiegelung
nicht wäre, würde die Sonne nicht von ihrem Licht, von ihrer Wärme oder von
ihren Farben verlieren. Nur die Spiegel hätten Vorteile. Sie brauchen die
Sonne, um aus der Dunkelheit zu entrinnen.
Nun
erweitern wir die Analogie etwas. Geben wir den Spiegeln Verstand. Könnten nun
die Spiegel aus ihrer Liebe zur Sonne, der Einzigartigkeit der Sonne etwas
beitragen? Würde die Sonne „perfekter“ werden als es ist, nur weil die
Spiegel sie lieben? Oder könnten sie ihn im umgekehrten Fall mit ihrem Hass
erniedrigen können?
Kommen wir wieder zur Wirklichkeit. Die Schönheit des Schöpfers erweitert sich nicht durch die Erschaffung der Erde oder der gesamten Schöpfung. Doch sie wird für uns sichtbar. Die Millionen von Sternen am Himmel und die Blumen auf dem Teppich der Erde dienen nur uns. Der Schöpfer ist auf nichts angewiesen. Doch wir sind auf seine Barmherzigkeit und Weisheit angewiesen. Dies bringt Vorteile für uns.
aus dem Buch “Wer bist du? Die Reise des Menschen“ von Cemil Sahinöz