Dialog der
Kulturen
Friendship of the Civilizations
In einem
Zeitalter, in dem der Begriff „Clash of the Civilizations” nicht mehr
Theorie, sondern eher Medien-, Macht- und Werbemittel ist, ist der Dialog der
Kulturen, den ich “Friendship of the Civilizations” nenne, wichtiger als den
je.
Beginnen möchte ich meine Ausführungen mit einem Spruch des IV. Kalifen Ali, der da sagte: „Der Mensch mag das nicht, was er nicht kennt!“ Man könnte diesen Satz als die Quelle des oben zitierten Clashs nehmen. Erst wenn sich die Menschen kennenlernen, übereinander und voneinander Lernen und merken, dass sie eigentlich gar nicht so verschieden sind, wie sie sich dachten, entsteht Verständnis füreinander und der Untertitel meines Beitrags kommt zu Stande; nämlich Friendship.
Ja, die
multikulturelle Gesellschaft ist viel homogener als wir immer denken oder einige
glauben möchten. „Das Unbekannte“ oder „der Fremde“ kommen einem öfters
„anders“ vor. Erst das Aufeinanderzugehen, Sichkennenlernen eröffnet neue
Sichtweisen und neue Perspektiven.
So sind die
Menschen laut einem Vers im Koran bewusst und absichtlich vom Schöpfer
unterschiedlich erschaffen worden, damit sie sich aneinander kennenlernen. Diese
Unterschiedlichkeit soll die Neugier zueinander erwecken; die Neugier, sich
kennenzulernen.
Dieser
Vers ist der folgende: „O ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen
und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen
gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Der Angesehenste von euch bei Gott, das
ist der Gottesfürchtigste von euch“ (Der Koran: 49,13).
Da
ich kein Theologe bin, überlasse ich die Interpretation dieses Verses dem
Islamgelehrten Said Nursi, der folgendes dazu sagt: „Damit ihr die Anlässe
des gesellschaftlichen Lebens kennen lernt, euch dabei gegenseitig unterstützt
und nicht euch gegenseitig verleugnet und miteinander im Streit liegt“ (Nursi,
2004, S.444).
Nursi
war der Meinung, dass die Muslime nicht nur unter muslimischen Mitgläubigen
zusammenhalten sollten, sondern auch mit den wahrhaft Frommen und mit den
christlichen Geistlichen; sie sollten nicht auf die Meinungsverschiedenheiten
eingehen und streiten. Damit meinte Nursi nicht, dass es zwischen Muslimen und
Christen keine Unterschiede gibt oder diese unwichtig seien. Vielmehr meint er,
dass die „ausschließliche Konzentration auf diese Unterschiede, sowohl die
Moslems als auch die Christen von ihrer noch wichtigeren Aufgabe abhalten kann,
der modernen Welt eine Lebens- und Gesellschaftsvision anzubieten, in dessen
Zentrum der Glaube an Gott steht und dessen moralischer Wertmaßstab der Glaube
und das Suchen des Gotteswillens ist“ (Michel, 2004, S.17).
Weiterhin
heißt es im Koran: „Und streitet nicht mit dem Volk der Schrift“ (Der
Koran: 29,46). „Gott verbietet euch nicht, denen, die nicht gegen euch der
Religion wegen gekämpft haben und euch nicht aus euren Wohnstätten vertrieben
haben, Pietät zu zeigen und Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Gott liebt ja
die, die gerecht handeln“ (Der Koran: 60,8). Hier wird dem Muslim
geraten gütig zu sein und billig zu verfahren. Die Leute der Schrift sind laute
dem Koran die Juden, die Christen und die Sabäer.
Vom
Islam her sind also dem Dialog der Religionen und der Kulturen keine Schranken
gesetzt. Wichtig ist nur, dass die Aufrichtigkeit betont wird. Ein Dialog kann
nur geführt werden, wenn auf beiden Seiten Aufrichtigkeit gezeigt wird und
keine „zweifelhaften Spielchen getrieben“ werden. So steht z.B. die
Missionierung genau im Gegenteil des Dialogs. Eine gegenseitige Missionierung führt
zu Zwietracht und Missverständnissen.
Dem
„Friendship of Civilizations“ steht also nichts im Wege. Nur die
Bereitschaft und die Aufrichtigkeit zum Dialoge muss gezeigt werden. Es steht
also eine menge Arbeit vor uns! Packen wir es an!
Cemil
Sahinöz
Literatur:
·
Der Koran. Übersetzung von: Khoury
Adel Theodor. Unter Mitwirkung von Abdullah Muhammed Salim. Gütersloher
Verlagshaus: Gütersloh, 1987
·
Michel
T.: Christlich-Islamischer Dialog und die Zusammenarbeit nach Bediüzzaman Said
Nursi. Söz Basim: Istanbul, 2004
·
Nursi
S.: Die Briefe. Sözler Verlag: Istanbul, 2004
Erschienen in Ayasofya Nr.19, April 2007